Alfred Russel Wallace, der ewige Zweite
Unsere Gesellschaft braucht Gewinner und Verlierer. So zählt Alfred Russel Wallace im Rennen um die Formulierung der Evolutiontheorie zu den Verlierern, während Charles Darwin als der Gewinner gilt.
Dabei waren die beiden Wissenschaftler – so unterschiedlich sie auch waren – gar nicht verfeindet, sondern diskutierten über Jahre die noch offenen Fragen der Evolution. Wallace selbst hat übrigens nie einen Anspruch auf die Urheberschaft der Evolutionstheorie gestellt. Er sah sich eher als derjenige, der Darwin dazu bewog, mit seinem Manuskript über die Entstehung der Arten endlich an die Öffentlichkeit zu gehen.
Alfred Russel Wallace stammte aus einer gebildeten, aber armen Familie. Am 8. Januar 1813 kam er in Monmouthshire (England) zur Welt, wo er mit 8 weiteren Geschwistern aufwuchs. Im Gegensatz zu anderen Wissnschaftlern war er eher ein Abenteurer und »Self-Made-Man«: Ohne elterliche Unterstützung beschäftigte er sich mit Mathematik und Naturwissenschaften. Seine erste Arbeit hatte er als Landvermesser in der Bauunternehmung eines seiner Brüder. Nebenher beschäftigte er sich zunehmend mit Botanik und begann mit dem Sammeln von Insekten.
Seine erste Reise, die er auf eigene Faust unternahm, führte ihn von 1848 bis 1852 nach Südamerika. Nach seiner Rückkehr hatte er Zugang zu dem Kreis an Wissenschaftlern, die sich regelmäßig in dem Haus von Darwin trafen, um über die Enstehung der Arten zu diskutieren und zu streiten. Darwin hielt ihn anfangs wohl für einen Sonderling. So bekam er Kontakt zu den Ideen Darwins, der die Artenbildung als einen kontinuierlichen, langsamen Prozess versteht. Eine für die damalige Zeit revolutionärer Gedanke.
Doch schon nach zwei Jahren, 1854, zog es Wallace wieder in die Welt, diesmal nach Asien mit Aufenthalten unter anderem in Singapur, Borneo und dem malayischen Archipel. Diese Reise sollte acht Jahre dauern. Über die gesamte Zeit hielt er schriftlich Kontakt zu Darwin um mit ihm Gedanken zur Enstehung von Tier- und Pflanzenarten auszutauschen. 1858 schrieb Wallace einen kurzen, nur zwanzigseitigen Aufsatz zur Evolution und schickte diesen an Darwin. Dieser sieht in dem kurzen Papier eine perfekte Zusammnfassung seiner jahrelangen Arbeit und seiner Thesen zur Artenbildung. Dieses Papier wird schließlich der Auslöser sein, der Darwin endlich dazu drängt, seine Arbeiten abzuschliessen und zu veröffentlichen. 1859 erschien das nicht nur für die Biologie wichtige Werk »On the Origin of Species«. Es gibt bis heute nicht wenige Stimmen, die behaupten, die Formulierung der Evolutionstheorie sei Wallace‘ und nicht Darwins Werk. Berücksichtigt man aber die jahrelangen Vorarbeiten und die Vielzahl an Experimenten, die Darwin zur Stützung seiner Thesen unternommen hatte, so lässt sich diese Behauptung kaum aufrecht erhalten. Wallace selbst sah seinen Beitrag zur Evolutionstheorie tatsächlich eher darin, derjenige zu sein, der Darwin dazu bewogen hat, seine Arbeiten endlich der Öffentlichkeit mitzuteilen. Die wissenschaftliche Leistung des Autodidakten Alfred Russel Wallace soll dadurch nicht geschmälert werden, seine zoogeographischen Arbeiten aufgrund der Beobachtungen, die er während seiner Reise in Asien machte, sind wichtige Belege zur Unterstützung der Evolutionstheorie.
Nach seiner Rückkehr nach England im Jahr 1862 bekam Wallace eine Anstellung in der »Royal Geographical Society« als Sekretär. In dieser Zeite entstanden seine berühmtesten Arbeiten, das sogenannte »Sarawak Paper« und der »Ternate-Essay«. Eine markante zoogeographische Grenze, die sich quer durch das malayische Archipel zieht und die eurasische von der australischen Tierwelt trennt, wurde nach ihm benannt, die »Wallace Line«.
Immer ein bekennender Darwinist, entwickelte sich Wallace in seinem späteren Leben zu einem Pazifisten und Sozialisten. Er beschäftigte sich zunehmend mit gesellschaftlichen und sozialen Fragen und entwicklte Utopien über demokratische und soziale Staatsformen. Er starb in hohem Alter 1913 in Dorset (England).
Ähnliche Beiträge zum Thema Botaniker und Forschungsreisende
Carl von Linné: der Begründer der modernen Taxonomie
Linné führte als erster die heute noch gebräuchliche Nomenklatur in der Biologie ein, die bei der Namensgebung die Verwandschaftsverhältnisse der Geschöpfe berücksichtigt. Er gilt damit als Begründer der modernen Taxonomie.
Charles Darwin, der große Forscher der Biologie
Der Name Charles Darwin steht für ein neues Zeitalter in der Biologie. Mit dem Entwurf der Evolutionstheorie hat er die damals vorherrschende Weltsicht in ihren Grundfesten erschüttert und den Menschen als Krone der Schöpfung von seinem Sockel gestoßen.
Conrad Gesner, ein ruheloser Geist in vielen wissenschaftlichen Disziplinen
Conrad Gesner warnicht nur ein Kenner des lateinischen und griechischen Altertums, sondern beschäftigte sich auch mit Medizin, Zoologie und Botanik.
Der Afrika- und Naturforscher Georg Schweinfurth
Bei einer Haushaltsauflösung stieß ich vor einigen Jahren auf einen kleinen Schatz. Zwischen all den Büchern, die sich im Laufe eines Lebens ansammeln fand ich ein kleines Büchlein von des Naturforschers Georg Schweinfurth, sein Afrikanisches Skizzenbuch.
Der Asienreisende Philipp Franz von Siebold
Er kann einen der spannensten und faszinierendsten Lebensläufe vorweisen, die man sich vorstellen kann: der Würzburger Philipp Franz von Siebold.
Der vergessene deutsche Naturforscher George Forster
Mit Goethe hat er diskutiert, Schiller verehrte ihn und für Wilhelm und Alexander von Humboldt war er ein Vorbild: George Forster.
Georg Wilhelm Steller, ein großer Naturforscher und begnadeter Botaniker
Georg Wilhelm Steller ist einer der großen Naturforscher des 18. Jahrhunderts. Auf ausgedehnten Forschungsreisen in Russlands Osten stieß er bis nach Kamtschatka vor, für einen kurzen Abstecher sogar bis nach Alaska.
Heinrich Barth, deutscher Afrikaforscher des 19. Jahrhunderts
Forscgungsreisender in Nordafrika und der Sahara, später auch in den Ländern Kleinasiens.
Hildegard von Bingen, eine Naturkundlerin im frühen Mittelalter
Diese Frau hat vor fast tausend Jahren im tiefsten Mittelalters gelebt und gewirkt! Aus diesem Grund ist ihr Lebenslauf nur sehr lückenhaft bekannt und ihr Werk leider nicht im Original erhalten.
John Gould begann zwar als Gärtner, doch seine Leidenschaft war die Ornithologie
Zwar begann er seine Karriere als Gärtner, aber John Gould beschäftigte sich lieber mit der Vogelwelt als mit Pflanzen. Daher machte er seine Leidenschaft, die Ornitholigie zu seinem Beruf.
John James Audubon: Sein Name ist in Nordamerika ein Synonym für Naturführer
Neben John Gould ein weiterer Ornithologe, der in dieser Reihe vorgestellt wird: John James Audubon. Er ist der Namenspatron einer der ersten Naturschutzorganisationen in den USA.
Lorenz Oken: ein unbequemer Charakter im Wissenschaftsbetrieb
So ungewöhnlich wie sein gesamter Werdegang vom mittellosen Bauernsohn aus der badischen Provinz zum erfolgreichen Naturwissenschaftler war, so außergewöhnlich war auch seine Haltung gegenüber dem damaligen Wissenschaftsbetrieb,
Maria Sybille Merian: Eine ungewöhnliche Frau, nicht nur für ihre Zeit
Diese Forscherin aus eigenem Antrieb machte sich auf den Weg in die Tropen um die Welt der Pflanzen und Insekten zu erforschen.
Otto Brunfels: Wegbereiter der modernen Botanik
Als einer der ersten Botaniker studierte er die Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung.
Sir Joseph Paxton: Landschaftsgärtner und Pionier der modernen Architektur
Seine Konstruktionen von Gewächshäusern aus Gusseisen und Glas schufen nicht nur die Basis die Hochzeit der Glaspaläste des 19.ten Jahrhunderts, das Prinzip des Bauens mit filigranen Stahlträgern findet sich immer noch in den Bauten der Neuzeit.